8214 Quadratmeter «heiliger Rasen»

    FCB Greenkeeper Marc Studach über Traumjob und «Albtraum-Situationen»

    Für einen Greenkeeper in der Schweiz ist der Job beim FC Basel ein echter Jackpot. Auch wenn die Verantwortung eine sehr grosse ist. Aber für Marc Studach, Teamleiter Greenkeeping und Facility Management beim FC Basel und ehemaliger Werkhofleiter von Dittingen im Laufental, war die Entscheidung goldrichtig, im 2011 dem Ruf des FCB zu folgen.

    (Bilder: JoW ) Marc Studach: «Die grösste Freude ist, wenn man am TV bei den aktuellen neuen HD Technologien sieht, wie gut wir gearbeitet haben»

    Zehn Jahre lang war Marc Studach Werkhofleiter in der 800-Seelen-Gemeinde Dittingen/BL. Seit März 2011 ist der gelernte Schlosser – zunächst bei der Stadionbetreiberin Basel United, seit 2013 beim FC Basel – der «Dätschmeischter» im Stadion St.JakobPark Basel im Bereich Greenkeeping und Instandhaltung des Areals (inklusive Trainingsplätze und FCB Campus). Mit seinen sechs Mitarbeitern warten täglich auf ihn einige Herausforderungen, die in der Regel auch über das «Kerngeschäft» der Rasenpflege hinaus gehen. Marc Studach (44): «Als ich den Job annahm, wurde mir sehr schnell bewusst, auf was ich mich da eingelassen hatte. Jeder Tag reserviert uns eine neue Herausforderung. Wir leben nach dem Motto: Es gibt viel zu tun, packen wir es an.»

    Er und sein Team, darunter drei Eismeister, waren in den Jahren, bevor der FC Basel den Stadionbetrieb in seinen Bereich integrierte noch zudem nebst für die Spielflächen im Fussballstadion und auf den Trainingsplätzen auch für jene in der Eishalle St. Jakob, dem Eishockeystadion, verantwortlich.

    Der Stolz, für den FCB arbeiten zu dürfen
    Die Tätigkeit entwickelte sich zu einem echten Traumjob, dem man mit viel Freude, Engagement und natürlich mit grossen Stolz nachginge, sagt Marc Studach. Das Lob, welches er von seinen Kollegen in der Schweiz und aus dem Ausland bekommt, geht runter wie Öl. Der Job bringe auch mit sich, dass man sich ein grosses Netzwerk erarbeitet, viele interessante Kontakte knüpft, von Berufskollegen lernt, sich inspirieren lässt und nicht zuletzt auch ein Privilegierter ist, der mit Fussballstars und Trainern sowie Persönlichkeiten zusammen komme: «Bei der Ausübung meiner Aufgaben habe ich nicht nur viel Freude und Stolz empfunden, sondern eben sehr viel dazu gelernt.» Die Spiele der Champions League, der Europapokal-Final in Basel oder auch die Auftritte der Nationalmannschaft sind das Sahnehäubchen. «Die grösste Freude ist, wenn man am TV bei den aktuellen neuen HD Technologien sieht, wie gut wir gearbeitet haben», so Studach. Einher damit geht jedoch auch der Druck, dass nunmehr auch jede und jeder – ob Fachleute oder nicht – sehen kann, wenn der Rasen nicht optimal präpariert werden konnte. «Dann entwickelt sich der Traumjob zu einem kleinen Albtraum», so Studach. «Denn gegen schlimme Regenspiele und Temperaturschwankungen, gegen Platzstürme und zehntausende stampfende Konzertbesucherinnen und -besucher ist manchmal wenig Kraut gewachsen.» Wie zum Beispiel beim Wasserspiel im November 2017 – der WM-Qualifikationspartie gegen Nordirland. Da waren Studach und seinTeam sehr gefordert und mussten verhindern, dass das Wasser auf dem Rasen «stehen bleibt». «Je nach System und Bauart des Rasen-Untergrundes kann manchmal das Wasser nicht abfliessen. Das tut dem Rasen enorm schlecht. In solchen Situationen sind wir sehr angespannt und tun alles, damit unser heiliger Untergrund nicht nachhaltig Schaden nimmt.»

    Horrorszenarios: Regenspiele und Platzstürme
    Der «Klassiker» unter den Albtraum-Situationen für Greenkeeper, der «Platzsturm», sei aber nach wie vor auch ganz oben auf der «No Go-Liste» und verursache auch bei Marc Studach Wallungen. Der absolute «Supergau» sei jedoch, wenn sich einer der FCB-Starkicker wegen schlechten Platzverhältnissen im «Joggeli» oder beim Training verletze. Diese Schlagzeile will Marc Studach in seiner Karriere nie lesen.

    Marc Studach und sein Team verbringen auch viel Zeit mit Reparatur- und Wartungsarbeiten im stadioneigenen Werkraum

    Top Organisation ist Bedingung
    Als ehemaliger Werkhofleiter einer kleinen Gemeinde ist Marc Studach ein Generalist und Top-Organisator. Das braucht es auch, damit im grössten Stadion der Schweiz auf den Punkt alles klappt. Unter seinem manchmal strengen Regime (Zitat: «Niemand geht nach Hause, bevor nicht alle Maschinen geputzt und versorgt sind») wird der Laden geschmissen. «Wir sind sehr privilegiert, wenn ich die Voraussetzungen meiner Kollegen bei anderen Clubs sehe. Wir haben ein angemessenes Budget zur Verfügung und den Anspruch der höchstmöglich machbaren Perfektion. Und: Der FCB beschäftigt sieben Leute für unseren Bereich. Aber das ist auch nötig, denn es gibt in der Tat eine Menge zu tun. Oft müssen wir improvisieren, reparieren, organisieren und immer gefasst sein, dass eine nächste Herausforderung wartet.» Diese Herausforderungen können vielseitig sein. In erster Linie arbeiten Marc Studach und sein Team für einen Fussballclub im absoluten Profibereich. Das bedeutet, dass die Trainer und Profis jeden Tag optimale Voraussetzungen für die Trainingseinheiten vorfinden müssen. Und dies nicht nur im Stadion.

    8214 Quadratmeter «heiliger Rasen»
    Platzwart im «Joggeli» bedeutet, zuständig für die 8214 Quadratmeter «heiliger Rasen» zu sein. So nehmen die meisten Leute den Job von Marc Studach wahr. Der kalte Februar 2018 und der erneute kurzzeitige Wintereinbruch Anfang März sorgte selbst bei den Routiniers um Marc Studach für Aufregung. Und dann kam noch der Stromausfall vor dem Meisterschaftsspiel gegen den FC Zürich im März 2018. «Es war zwar nicht unsere Schuld, dennoch tat dies so richtig weh», gibt Studach zu. Zuletzt wurde im Dezember 2011 und 2014 saniert, und zwar in den beiden Strafräumen und dort, wo sich die Ersatzspieler einlaufen. Marc Studach und seine Helfer hatten jeweils mehrere Lastwagenladungen Sand eingearbeitet sowie mehrere hundert Kilogramm Rasensamen und Dünger ausgebracht. «Die Grasnarbe von sechs Zentimetern auf 25 Millimeter Wettkampflänge ist gefordert.» Auch die Pflege der Rasenheizung ist wichtig: In einem 24 Kilometer langen Rohrsystem zirkuliert Wasser, das mit Abwärme aus der nahe gelegenen Abwasserreinigungsanlage Birs II auf Temperatur gebracht wird. Der Betrieb dieser Rasenheizung unterliegt Restriktionen und ist auf maximal 30 Tage im Jahr beschränkt. Auf elf, zwölf Grad läuft diese Heizung in der Regel.

    JoW


    Viel gelernt als Werkhofleiter in Dittingen

    Einen Vergleich zu seiner Arbeit in der Gemeinde zu ziehen sei schwierig, sagt Studach. Natürlich sei es eine andere Welt. Man arbeite mit anderen Voraussetzungen und unterschiedlichen kurz- oder mittelfristigen Zielen. «Als Werkhof-Mitarbeiter ist man eben für öffentlichen Grund zuständig. Hier gelten zwar auch hohe, aber dennoch andere Massstäbe.» Auch seien die Aufgaben noch etwas vielfältiger, als im Stadion oder bei den Trainingsplätzen. «Gemäht wird auf öffentlichen Plätzen in den Gemeinden nicht täglich, wie etwa bei uns. Wir machen sogar im Stadion die Finission per Hand und ohne schweres Gerät. Ausserdem ist heute auch die so genannte ‹Zeichnung› des Rasens wichtig – als Anhaltspunkte für die Unparteiischen wie beispielsweise für knifflige Abseitsentscheidungen» Und: Man arbeite für eine viel breitere Zielgruppe.

    Vorheriger ArtikelEin Bündner zeigt die schönsten Seiten der Schweiz
    Nächster ArtikelSo wählt man im Baselbiet